Iran - Teheran, Qom, Esfaham, Bam, Belutschistan
april 04
Salam aus Esfahan,
Die letzen Tage scheinen wieder gespickt von den kleinen Geschenken des Lebens, von denen jeder ständig umgeben ist und nur noch mehr bekommt, je mehr er annimmt.
In Teheran konnten wir nach dem liberalen Nasser aus Tabriz einen enthusiastischen Shah-Anhänger, der Nachtwächter an der Hotelrezeption war, kennen lernen, der es als den größten Fehler sah, den Amerikanern Lebewohl zusagen. Der Schah war für ihn (obwohl lange vor ihm gestorben) der einzig wirklich effiziente und wohlwollende Perser. die Mullahs sind für ihn die ungebildete religionsfanatische Emporkömmlinge, denen er nur mir Verachtung begegnen kann.
Am Abend lud und einer genau dieser „ungebildeten“ Fundamentalisten zum Tee zu sich nach hause ein, ein erzkonservativer Moslem, der den Koran auswendig kennt und das Wort der Mullahs und Allahs nicht hinterfragt.
Er hält die Koranprinzipien der Gastfreundschaft sehr hoch, bewirtete uns fürstlich, spendet einen großen Teil seines Geldes für Arme, hegt seinen Worten zufolge keinerlei rassistische Gedanken. Allah sagt, wer zu ihm findet wird belohnt, egal welcher Hautfarbe oder Nationalität,
Er ehrt seine Frau als einzige Frau (..) er steht der amerikanischen Hass, Gewalt- und Konsumgesellschaft ablehnend gegenüber.
Er war 4 Jahre in Amerika als Ingenieur bei der NAVY, und 7 Jahre in England, war immer bester seines Jahrganges bei seiner Ausbildung und weit herum gekommen. ein Foto zeigte ihn Seite an Seite mit Khamenei (Khomeini-Nachfolger) beim trauten Plausch. Er erzählt von seinem Erlebnis in Amerika, wo er mit seiner Frau, wie im Iran, am Freitag mit sämtlichen Goldklunkern ausgehen wollte (der Iran ist bis jetzt das sicherste Land, in einem Juweliergeschäft ließ uns ein offensichtlich sehr betuchter Moslem seine riesigen Goldmünzen minutenlang ohne großen Aufhebens bestaunen) und ein amerikanischer Freund ihn für dem Tod geweiht erklärte, denn mit dem Wert um den Hals nehmen es viele arme Amis auch in kauf, eventuell den Kopf oder die Hand mitnehmen zu müssen.
Außerdem ist er zutiefst traurig, dass einer seiner Freunde im Krieg gegen den Irak seine höchste Bestimmung gefunden hat, (bei uns heißt das glaub ich "umgebracht wurde") - er aber nicht. Der Glaube ist das einzige wofür es sich zu sterben lohnt, sonst stirbt man sowieso eines natürlichen Todes, aber unbemerkt und ungerühmt; Er befürwortet die Todesstrafe für unbekehrbare homosexuelle (sonst stecken sie mit dieser Krankheit den Rest der Welt an, ich glaube so was überträgt man mit Tröpfcheninfektion :) ) bekräftigte den Bau einer Atombombe im Iran mit dem Argument: "wir müssen uns verteidigen, die Amerikaner haben auch eine" (ich stimme ihm in dieser Beziehung teilweise zu, die Aggression geht meist von den Amis aus, ich wäre aber eher dafür, dass sie ihre entsorgen, nicht dass alle andern jetzt auch zu bauen beginnen!), die 2000 nicht zu Wahl zugelassenen Kandidaten erklärte er sehr einleuchtend: "in der USA werden auch keine Kommunisten bei den Wahlen erlaubt" (dass plötzlich das verhasste Amerika als Vorbild und Rechtfertigung dient, scheint ihn nicht zu stören, auch nicht, dass Kommunisten in Europa schon aufgestellt werden) und schüttelte beim Abschied einer Frau (mir - gemäß der Tradition) nicht die Hände, weil dabei eine gewisse elektrische Ladung übertragen werden kann, die ihn eventuell nicht schlafen, sondern an die fremde Frau denken lässt.
Am Weg nach Esfahan blieben wir in Qom stehen, wo wir den heiligen Schrein Mazrat-e-asumehs besichtigen und die angeblich köstlichen Spezialitäten, eine Mischung aus Pistazienbäckerei und Spekulatius Keksen kosten wollten. …das Karamell klebte ewig in den Zähnen.
Ich musste beim Eingang einen Tschador ausleihen (Ganzkörperkondom aus schwarzem Stoff, um wirklich alle Körperteile unkenntlich zu machen). der Wächter am Eingang stupste mich und alle anderen unkeusch gekleideten Persierinnen solange mit seinem Staubwedel bis alles den Vorschriften entsprach (das Ding sieht echt aus wie ein überdimensionierter Staubwedel, eine Verbesserung gegen früher, als die Revolutionswächter mit Rasierklingen die freien Stellen der Haut im Vorbeigehen aufschnitten)
Beim Ausgang fragten wir einen dieser ehrenamtlichen Diener des heiligen Schreins, ob er uns ein gutes Kebab Restaurant empfehlen könne. Er brachte uns kurzer hand selbst in das beste aller Kababis und lud uns nachher zum Tee in sein Haus. Er bezeichnete sich als sehr religiös, betrachtet aber alle Neuerungen und Vorschriften Khomeinis kritisch und betonte, dass er nicht alle Regeln befürworten muss um im Herzen trotzdem ein guter Moslem zu sein. Ein sehr sympathischer, lustiger und warmherziger Mann, Vater von 3 Kindern, eines studiert englisch und lernt ein bisschen deutsch.
Sie brachte einen deutschen Spiegel-Artikel, der zu unserer Verwunderung ihren Angaben entsprechen als Propaganda gegen Schiiten bezeichnet werden kann. Unter anderem wird eine kleine Gruppe von Fanatikern, die sich zum Andenken an Imam Hussein selbst geißelt wird zum allgemeinen Bild schiitischer Gläubiger gemacht.
Ich erinnere mich vage an eine Gruppe Christen in Spanien, die sich zu Ostern ans Kreuz nageln lassen… Welcher „normale“ – ich hasse dieses Wort – Christ macht so etwas?
Die Tochter erklärte, dass Imam Khomeini dies untersagt hat und vorschlug, stattdessen am Gedenktag Blutspenden zu gehen. (Imam Khomeini entspricht Ayatollah Khomeini, als Imam wird jemand bezeichnet, den man selbst als persönlichen Führer seines Herzens wählt, Ayatollah heißt übersetzt "Geschenk Gottes" und bezeichnet Menschen, die sich selbst zum Führer machen aufgrund ihrer von Gott gegebenen Fähigkeiten)
Die Frauen des Hauses zeigten mir, abgewandt von Martin, ihre persönlichen Fotoalben, wo sie mit offenen Haaren uns sehr westlicher Kleidung in manchmal ziemlich lasziven Posen abgebildet sind)
Wir schliefen wieder am Weg im Auto und erreichten gestern Esfahan, wo wir den riesigen Imam Khomeini Platz (gibt’s in jedem Ort) und den Bazar entlang schlenderten. ein freundlicher hübscher junger Mann suchte höflich das Gespräch und zeigte uns die hintersten und v.a. obersten Winkel des Bazars, wo Nomadenteppiche vor dem Weiterverkauf repariert werden. Er führte uns in sein Geschäft und erzählt, dass er nomadische Wurzeln hat und seine Verwandten regelmäßig besucht und dort alle möglichen Arbeiten kauft, oft nach tagelangen Verhandlungen, da Nomaden eigentlich nur für den Eigengebrauch produzieren. Wenn wir möchten nimmt er uns morgen mit. Ich glaube ich hab mich wirklich verliebt, obwohl ich dachte, ich bin dagegen gefeit. In seinem Geschäft lag ein Teppich, der mein Innerstes ansprach. Teppiche waren für mich Staubfänger und bestenfalls Fußabstreifer. Nach einem "Spezialpreis für Studenten" war unser Auto um ein Gepäcksstück reicher.
Ein wunderbarer älterer Geschichtelehrer führte uns durch Esfahan zu den versteckten Plätzen und erzählte viele interessante und lustige Geschichte zu den üblichen Daten.
Ein Beispiel, wie moslemische Lebensregeln gemacht werden: vor 200 Jahren, im Krieg gegen Russland, verboten die Mullahs den Würfelzucker, der aus Russland geliefert wurde. Er sei unrein (wie Schweinefleisch) und dürfe darum nicht gegessen werden.
Als sich die Beziehungen nach Ende des Krieges wieder verbesserten, gab es eine neue Regel: man habe entdeckt, dass der Zucker durch Tauchen in Tee gereinigt werden konnte und somit wieder als rein galt. Ein Glück für die alle Süßwaren liebenden Iraner.
Jetzt nützen wir die kurze Regenzeit und schreiben unsere Geschichten auf, morgen geht’s weiter zu den Nomaden und nach Shiraz.
khoda hafez (tschüss)
bei yahoo gibt's wieder pics, password falls du gefragt wirst ist: acchigom
Iran pics
Salam aus Esfahan,
Die letzen Tage scheinen wieder gespickt von den kleinen Geschenken des Lebens, von denen jeder ständig umgeben ist und nur noch mehr bekommt, je mehr er annimmt.
In Teheran konnten wir nach dem liberalen Nasser aus Tabriz einen enthusiastischen Shah-Anhänger, der Nachtwächter an der Hotelrezeption war, kennen lernen, der es als den größten Fehler sah, den Amerikanern Lebewohl zusagen. Der Schah war für ihn (obwohl lange vor ihm gestorben) der einzig wirklich effiziente und wohlwollende Perser. die Mullahs sind für ihn die ungebildete religionsfanatische Emporkömmlinge, denen er nur mir Verachtung begegnen kann.
Am Abend lud und einer genau dieser „ungebildeten“ Fundamentalisten zum Tee zu sich nach hause ein, ein erzkonservativer Moslem, der den Koran auswendig kennt und das Wort der Mullahs und Allahs nicht hinterfragt.
Er hält die Koranprinzipien der Gastfreundschaft sehr hoch, bewirtete uns fürstlich, spendet einen großen Teil seines Geldes für Arme, hegt seinen Worten zufolge keinerlei rassistische Gedanken. Allah sagt, wer zu ihm findet wird belohnt, egal welcher Hautfarbe oder Nationalität,
Er ehrt seine Frau als einzige Frau (..) er steht der amerikanischen Hass, Gewalt- und Konsumgesellschaft ablehnend gegenüber.
Er war 4 Jahre in Amerika als Ingenieur bei der NAVY, und 7 Jahre in England, war immer bester seines Jahrganges bei seiner Ausbildung und weit herum gekommen. ein Foto zeigte ihn Seite an Seite mit Khamenei (Khomeini-Nachfolger) beim trauten Plausch. Er erzählt von seinem Erlebnis in Amerika, wo er mit seiner Frau, wie im Iran, am Freitag mit sämtlichen Goldklunkern ausgehen wollte (der Iran ist bis jetzt das sicherste Land, in einem Juweliergeschäft ließ uns ein offensichtlich sehr betuchter Moslem seine riesigen Goldmünzen minutenlang ohne großen Aufhebens bestaunen) und ein amerikanischer Freund ihn für dem Tod geweiht erklärte, denn mit dem Wert um den Hals nehmen es viele arme Amis auch in kauf, eventuell den Kopf oder die Hand mitnehmen zu müssen.
Außerdem ist er zutiefst traurig, dass einer seiner Freunde im Krieg gegen den Irak seine höchste Bestimmung gefunden hat, (bei uns heißt das glaub ich "umgebracht wurde") - er aber nicht. Der Glaube ist das einzige wofür es sich zu sterben lohnt, sonst stirbt man sowieso eines natürlichen Todes, aber unbemerkt und ungerühmt; Er befürwortet die Todesstrafe für unbekehrbare homosexuelle (sonst stecken sie mit dieser Krankheit den Rest der Welt an, ich glaube so was überträgt man mit Tröpfcheninfektion :) ) bekräftigte den Bau einer Atombombe im Iran mit dem Argument: "wir müssen uns verteidigen, die Amerikaner haben auch eine" (ich stimme ihm in dieser Beziehung teilweise zu, die Aggression geht meist von den Amis aus, ich wäre aber eher dafür, dass sie ihre entsorgen, nicht dass alle andern jetzt auch zu bauen beginnen!), die 2000 nicht zu Wahl zugelassenen Kandidaten erklärte er sehr einleuchtend: "in der USA werden auch keine Kommunisten bei den Wahlen erlaubt" (dass plötzlich das verhasste Amerika als Vorbild und Rechtfertigung dient, scheint ihn nicht zu stören, auch nicht, dass Kommunisten in Europa schon aufgestellt werden) und schüttelte beim Abschied einer Frau (mir - gemäß der Tradition) nicht die Hände, weil dabei eine gewisse elektrische Ladung übertragen werden kann, die ihn eventuell nicht schlafen, sondern an die fremde Frau denken lässt.
Am Weg nach Esfahan blieben wir in Qom stehen, wo wir den heiligen Schrein Mazrat-e-asumehs besichtigen und die angeblich köstlichen Spezialitäten, eine Mischung aus Pistazienbäckerei und Spekulatius Keksen kosten wollten. …das Karamell klebte ewig in den Zähnen.
Ich musste beim Eingang einen Tschador ausleihen (Ganzkörperkondom aus schwarzem Stoff, um wirklich alle Körperteile unkenntlich zu machen). der Wächter am Eingang stupste mich und alle anderen unkeusch gekleideten Persierinnen solange mit seinem Staubwedel bis alles den Vorschriften entsprach (das Ding sieht echt aus wie ein überdimensionierter Staubwedel, eine Verbesserung gegen früher, als die Revolutionswächter mit Rasierklingen die freien Stellen der Haut im Vorbeigehen aufschnitten)
Beim Ausgang fragten wir einen dieser ehrenamtlichen Diener des heiligen Schreins, ob er uns ein gutes Kebab Restaurant empfehlen könne. Er brachte uns kurzer hand selbst in das beste aller Kababis und lud uns nachher zum Tee in sein Haus. Er bezeichnete sich als sehr religiös, betrachtet aber alle Neuerungen und Vorschriften Khomeinis kritisch und betonte, dass er nicht alle Regeln befürworten muss um im Herzen trotzdem ein guter Moslem zu sein. Ein sehr sympathischer, lustiger und warmherziger Mann, Vater von 3 Kindern, eines studiert englisch und lernt ein bisschen deutsch.
Sie brachte einen deutschen Spiegel-Artikel, der zu unserer Verwunderung ihren Angaben entsprechen als Propaganda gegen Schiiten bezeichnet werden kann. Unter anderem wird eine kleine Gruppe von Fanatikern, die sich zum Andenken an Imam Hussein selbst geißelt wird zum allgemeinen Bild schiitischer Gläubiger gemacht.
Ich erinnere mich vage an eine Gruppe Christen in Spanien, die sich zu Ostern ans Kreuz nageln lassen… Welcher „normale“ – ich hasse dieses Wort – Christ macht so etwas?
Die Tochter erklärte, dass Imam Khomeini dies untersagt hat und vorschlug, stattdessen am Gedenktag Blutspenden zu gehen. (Imam Khomeini entspricht Ayatollah Khomeini, als Imam wird jemand bezeichnet, den man selbst als persönlichen Führer seines Herzens wählt, Ayatollah heißt übersetzt "Geschenk Gottes" und bezeichnet Menschen, die sich selbst zum Führer machen aufgrund ihrer von Gott gegebenen Fähigkeiten)
Die Frauen des Hauses zeigten mir, abgewandt von Martin, ihre persönlichen Fotoalben, wo sie mit offenen Haaren uns sehr westlicher Kleidung in manchmal ziemlich lasziven Posen abgebildet sind)
Wir schliefen wieder am Weg im Auto und erreichten gestern Esfahan, wo wir den riesigen Imam Khomeini Platz (gibt’s in jedem Ort) und den Bazar entlang schlenderten. ein freundlicher hübscher junger Mann suchte höflich das Gespräch und zeigte uns die hintersten und v.a. obersten Winkel des Bazars, wo Nomadenteppiche vor dem Weiterverkauf repariert werden. Er führte uns in sein Geschäft und erzählt, dass er nomadische Wurzeln hat und seine Verwandten regelmäßig besucht und dort alle möglichen Arbeiten kauft, oft nach tagelangen Verhandlungen, da Nomaden eigentlich nur für den Eigengebrauch produzieren. Wenn wir möchten nimmt er uns morgen mit. Ich glaube ich hab mich wirklich verliebt, obwohl ich dachte, ich bin dagegen gefeit. In seinem Geschäft lag ein Teppich, der mein Innerstes ansprach. Teppiche waren für mich Staubfänger und bestenfalls Fußabstreifer. Nach einem "Spezialpreis für Studenten" war unser Auto um ein Gepäcksstück reicher.
Ein wunderbarer älterer Geschichtelehrer führte uns durch Esfahan zu den versteckten Plätzen und erzählte viele interessante und lustige Geschichte zu den üblichen Daten.
Ein Beispiel, wie moslemische Lebensregeln gemacht werden: vor 200 Jahren, im Krieg gegen Russland, verboten die Mullahs den Würfelzucker, der aus Russland geliefert wurde. Er sei unrein (wie Schweinefleisch) und dürfe darum nicht gegessen werden.
Als sich die Beziehungen nach Ende des Krieges wieder verbesserten, gab es eine neue Regel: man habe entdeckt, dass der Zucker durch Tauchen in Tee gereinigt werden konnte und somit wieder als rein galt. Ein Glück für die alle Süßwaren liebenden Iraner.
Jetzt nützen wir die kurze Regenzeit und schreiben unsere Geschichten auf, morgen geht’s weiter zu den Nomaden und nach Shiraz.
khoda hafez (tschüss)
bei yahoo gibt's wieder pics, password falls du gefragt wirst ist: acchigom
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