Mit Schal und Tschador - Gastfreudlichkeiten im Iran
maerz - april 04
Salam aleykum,
wir sind also mittlerweile im Iran angelangt. Unser erster Weg führte uns (nach einmal voll tanken um ganze 2 € - das ist kein Tippfehler!!) nach Tabriz, am Straßenrand trafen wir auf eine Kamelherde, die friedlich graste und 2 Hirtenjungen, die die 120 Tiere "behüteten". Dies war der Eindruck von Orient für mich und der erste sichtbare unterschied zur Türkei. Sogar zu regnen hört es auf während ich vorsichtig Freundschaft mit den Trampeltieren schloss (der erste Regen seit unserer Abfahrt, und danach riecht es frisch und aufgelockert)
Wir kommen in Tabriz an, wo uns unser scheinbar ständig anwesender Glücksengel mitten in die Arme des besten Mitarbeiters des Tourismusbüros trieb. Er war froh (nach einer Woche) wieder deutsch sprechen zu können (zu seinen übrigen 7 sprachen) und legte uns die ganze Stadt und v.a. deren Einwohner, die in alle kennen, zu Füßen, das ganze auf eine sehr angenehme, unaufdringliche Art, sodass wir nicht umhinkonnten, seinen Lippen und Schritten zu folgen.
Er half/zeigte uns: Kauf eines hübschen, alles verdeckenden Mantel für mich (Kopftuch habe ich und hier muss unbedingt noch der Hintern verdeckt werden), Geldwechsel zum Schwarzmarktpreis, Busfahrt (Frauen hinten - Männer vorne), Teehaus mit Wasserpfeife, Eisgeschäft, Bazar, flanieren (allabendliche Hauptbeschäftigung der Perser, denn Nachtlokale und sonstige Vergnügungsstätten sind verboten), geschichtliche Erläuterungen, wichtige Tipps und Hinweise im Alltag, um nicht sofort als unangepasster Tourist aufzufallen (z.B. nicht öffentlich Nase putzen - wird uns sicher in den entlegeneren Provinzen helfen).
Wir konnten dank ihm mit vielen Persern sprechen, mich hat vor allem die sich immer wiederholende Geschichte der Frauen beeindruckt: viele studieren, aber ohne Chancen auf einen Job (erstens sollen sie nicht, zweitens gibt es sehr wenige), der Kopftuch und Kleidungszwang (viele stören sich nicht daran, sehen es sogar als gewissen Schutz und Zeichen ihrer Religion, aber es tragen zu MÜSSEN ist wieder etwas anderes) treffen mit Freund ist vor der Verlobung verboten (tun sie es doch und werden erwischt, so wird untersucht, ob das Mädchen noch Jungfrau ist, wenn nicht so muss sie den Jungen mit dem sie erwischet wurde heiraten, wenn schon müssen beide wenigstens eine Geldstrafe bezahlen und ebenfalls heiraten)
Das Angebot an Waren ist reichhaltig und exotisch, es erscheint alles sehr sehr billig, beim Essen gehen brauchen wir für uns 2 nie mehr als 3 €, trotzdem ist es für die Iraner (die eigentlich auf Grund ihrer massenhaften Erdölproduktion + dessen Export ein reiches Volk sein könnten/sollten) mit ca. 100$ im Monat nicht leicht, sich durch den Dschungel des Lebens zu schlagen.
Diejenigen, die Ersparnisse besitzen, legen sie in Goldschmuck und Teppichen an, eine weise Entscheidung bei der hohen Inflation die hier im Lande herrscht. Andere Anlageformen sind hier eher unbekannt oder verboten.
Alle trauern dem Schah nach, der sich von 1941 bis 1979 zur islamischen Revolution (seinem Sturz) unter Ayatollah Khomeini, für die Verwestlichung einsetzte und die Amerikaner als großes Vorbild sah. Den Menschen ist es subjektiv sicher früher besser gegangen, die Wirtschaft boomte im Vergleich zu heute, die Menschen, im Besonderen die Frauen hatten mehr Rechte, usw…
Ob aber eine Amerikanisierung in einem Land mit so reichhaltiger eigener Kultur, die sicher verloren gehen würde, so erstrebenswert ist, möchte ich bezweifeln. Ich möchte damit aber auch Khomeinis brutalen, radikalen Umsturz verteidigen, der das Land teils um Jahrzehnte nach hinten geworfen hat und den Leuten ihre persönliche Freiheit stark einschränkte.
Beim Streifzug durch die zurzeit relativ (bei 12mio EW immer noch viel) menschenleere Stadt sieht man kaum europäische oder amerikanische Marken. Japan + Co haben daher einen großen Markt für sich allein.
Seit der islamischen Revolution, die den Islam propagiert und den Koran als Gesetz sieht (Schariah, keine Trennung zwischen religiösem und weltlichem Recht), hat sich nicht viel weiter entwickelt, eher sind Rückschritte zu verzeichnen. Der letzte Präsident vor den heurigen Wahlen (Khatami) hat zwar wieder versucht, langsame Annäherungen an den Westen durchzusetzen. Unter den strengen Augen der konservativen Mullahs und dem geistlichen Führer Ayatollah Khamenei ist dies aber ein eher aussichtsloses Unterfangen.
Am Straßenrand zwischen den großen Städten sieht man hauptsächlich verfallene Gebäude, ärmliche Lehmdörfer und heruntergekommene Autowerkstätten.
Jetzt gerade sind wir in Teheran - fast allein, da heute der letzte der 13 Feiertage nach dem islamischen Neujahr ist (21.märz) ist und die Iraner den "13. rauswerfen" - soll heißen, sie werfen gemäß ihren Traditionen ein Büschel Gras ins Wasser und vertreiben so den 13. Tag des neuen Jahres, der Unglück bringen soll.
Da sie dieses Treiben meist mit einem Ausflug verbinden, ist es hier ziemlich ruhig. Wir warten auf Antwort aus der chinesischen Botschaft (hier läuft wie in Österreich ein Tonband, das niemanden durchlässt) damit wir uns an die weitere Reiseplanung machen können.
Variante 1: wir bekommen doch die Sondergenehmigung, von der in Ö niemand wusste, die aber trotzdem unbedingt benötigt wird und fahren dann Richtung Norden (Mashhad) und Turkmenistan, Usbekistan und Kirgistan nach China und den Karakoram Highway Richtung Süden/Pakistan...
Variante 2: die Chinesen schlafen weiter bzw. es ist zu teuer (angebl. 2000 $), wir fahren Richtung Südosten, sehen die schönsten Plätze im Iran (Esfahan, Shiraz, Persepolis...) und setzen direkt nach Pakistan über, wo wir mehr Zeit haben und den Karakoram Highway ev. vom Süden her ein Stück hoch fahren.
Beides wundervolle Möglichkeiten, wir lassen also das "Schicksal entscheiden"
Ich wünsch euch zu Hause, oder wo immer ihr seid eine schöne Zeit, genießt jede Minute, ich kann bestätigen es zahlt sich aus und das Glück belohnt einen reichlich dafür.
bis bald
bei yahoo gibt's wieder pics, password falls du gefragt wirst ist: acchigom
1 Comments:
At 5:07 AM, beatrix said…
Salam aleykum, ich habe deine Berichte mit Freude verschlungen.
Ich war vor 2 Jahren in Egypt in Dahab. In einem abgelegenen Hotel nahe des Naturschutzgebietes. ich hatte soviel wunderschöne Erlebnisse abseits des Tourismus. Und bin seither totaler Fan der arabischen Kultur. Sehr gerne hätte ich mir noch die Bilder angesehen.Doch die URl zeigt nichts an. vielleicht hast du mir auch noch ein paar tips für meine Reise nach Qom wo ich Ende Juli 09 hinreisen werde. leider nur 20 Tage, da ich berufstätig bin und nicht so viel Urlaub habe.
Würde mich sehr freuen. Überhaupt mit dir vielleicht einmal ins Gespräch zu kommen. Meine mail Adr. lisa-bec@t-online.de
herzliche Grüße aus Freiburg Beatrix
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